Deutsche Jugend Einzelmeisterschaften 2001
[ Willingen, 3.-9. Juni 2001]

 

  1. Schlußbericht
  2. Zwischenbericht vom 7. Juni
  3. Wertungslotto !?
  4. Antworten der DSJ

Die hervorragend organisierten Jugendmeisterschaften 2001 des Deutschen Schachbunds sind am 9. Juni in Willingen zu Ende gegangen. Wir gratulieren den neuen Deutschen Meistern Sebastian Bogner (U10), Elena Winkelmann (U10w), Yevheniya Shmirina (U12w), Falko Bindrich (U12), Maria Schöne (U14w), Jens Koller (U14), Hannes Rau (U16), Anne Czäczine (U16w), Irena Fliter (U18w) und Thomas Pähtz (U18)!

Ein dickes Lob an alle Organisatoren und das fleissige Bulletin-Team! Sämtliche Partien wurden in kürzester Zeit erfasst und standen schon wenige Stunden nach Rundenschluß zum Download bereit.

Bei der U10 gewinnt Sebastian Bogner (SK Neuhausen, Baden) mit 9,5 aus 11. Sein ärgster Verfolger, der Saarbrücker Reinhold Müller, gewann zwar in Runde 8 den direkten Vergleich, kassierte aber in der Schlußrunde eine Niederlage. Mit 9 Punkten belegt er Rang 2 vor der neuen Mädchenmeisterin der U10, Elena Winkelmann, 8,5 (Dresdner SC, Sachsen).

In der Altersklasse U12 setzt sich Falko Bindrich vom SC Oberland (Sachsen) durch. Nach einer Niederlage in Runde 3 kämpfte er sich Punkt für Punkt nach vorn und siegt am Ende mit 9 aus 11. Seine sächsische Landsfrau Yevheniya Shmirina (Dresdner SC) war mit 6 Siegen gestartet und wurde erst in der Schlußrunde vom Spitzenplatz verdrängt. 8,5 Punkte, Platz 2 im Gesamtklassement sowie der Mädchentitel für sie. Drei Spieler landen gemeinsam mit je 8 Punkten auf Rang drei: Alexander Lubbe (Wilhelmshafener SV, Niedersachsen), Raiko Siebarth (SG Blau-Weiß Stadtilm, Thüringen) und Konrad Lieder (SV Sangerhausen, Sachsen-Anhalt).

Die U14 der Mädchen wurde von zwei Spielerinnen dominiert: Sandra Krege und Maria Schöne mit je 8 aus 9. Die Gewinnerin im direkten Vergleich weist auch die bessere Wertung auf: Maria Schöne aus Großröhrsdorf (Sachsen) gewinnt. Sandra Krege (SF Hettstedt, Sachsen-Anhalt) wird Vizemeisterin und ihre Vereinskameradin Annett Hoffmann erreicht Rang drei mit 6,5 Punkten.

Fünf Spieler durften sich in der Schlußrunde der U14 noch Siegchancen ausrechnen, für den Dietzenbacher Jens Koller (Hessen) hat es dank eines Schlußrundensieges gegen einen direkten Konkurrenten gereicht. 6,5 Punkte und Platz 1. Ebenfalls mit einem Erfolg in der Schlußrunde und 6,5 Punkten, aber der schlechteren Wertung landete der zwölfjährige Atila Figura (SC Kreuzberg, Berlin) auf Platz 2. Dritter wird Martin Alexander Becker (SG Bochum, NRW) mit 6 Punkten vor den punktgleichen Georg Meier (SC Trier-Süd, Rheinland Pfalz) und Martin Krämer (Medizin Erfurt, Thüringen).

Einen Start-Ziel-Sieg errang Anne Czäczine (Chemnitzer SC, Sachsen) in der U16w. Mit 7,5 Punkten landete sie vor Dorothea Schuler (KS Hamburg), 7 und Sonja Häcker (SV Wolfbusch, Württemberg), 6,5 sowie ihrer Vereinskollegin Franziska Fey, 6 Punkte.

Heiß umkämpft die stark besetzte U16. Es setzt sich Hannes Rau (SC Tamm, Württemberg) mit 6,5 aus 9 durch. Platz 2 nach Wertung geht an Volker Seifert (Dresdner SC, Sachsen). Mit einem Punkt Abstand folgen sieben Spieler mit je 5,5 Punkten. Die beste Wertung und somit Platz 3 für Jörg Wegerle (SC Viernheim, Baden).

Irena Fliter (TuS Makkabi Berlin) ist mit 7,5 aus 9 die Meisterin der U18w. Platz 2 nach Wertung für Elisabeth Schlosberg (Fürth, Bayern). Marina Görke (Chemnitzer SC, Sachsen) gewinnt Bronze. Überraschend insofern, als sie ihren Gegnerinnen, die im Schnitt 330 TWZ-Punkte besser waren als sie selbst, 6,5 Punkte abnahm. Platz 4 teilen die Titelverteidigerin Carolin Umpfenbach und die 15-jährige Sabine Schlander.

Deutscher Jugendmeister wird in der U18 dank des besten Endspurts Thomas Pähtz jr. (Empor Erfurt, Thüringen), 6,5 aus 9. Lange Zeit führte der Ukrainer Stanislav Korotkjevitch (SG Porz, NRW), 6,5/9, doch ein frühzeitiges Schlußrundenremis und die schlechteren Wertungszahlen seiner Gegner ließen ihn auf Platz 2 abrutschen. Punktgleich auch der Bronzesieger Christian Seel, ebenfalls aus Porz.

 


Wertungslotto oder TWZ über alles

Bei jedem Turnier kann es passieren, dass am Ende mehrere Spieler punktgleich vorne liegen. Zeit für einen Stichkampf gibt es nur selten, also werden Wertungen herangezogen. Bei den Jugendmeisterschaften ist dies für U10 und U12 die Buchholzwertung (Summe der gegnerischen Punkte), in den höheren Altersklassen entscheidet bei Gleichstand die durchschnittliche TWZ der Gegner. TWZ oder Turnierwertungszahl ist die DWZ oder falls vorhanden die Elozahl eines Spielers - ketzerisch gesagt ist es die Leistung, die nicht innerhalb des Turnieres erspielt wurde.

Die konsequente Vergabe mehrerer Titel nach den Wertungszahlen erinnert hier mehr an ein Losverfahren als an eine sportlich faire Entscheidung. Traurige Verlierer dieser Lotterie sind u.a. Atila Figura, Christian Seel und Stanislav Korotkjevich.

Natürlich wollen wir unsere Kritik mit Beispielen belegen:

Beispiel 1: U18m

Auf dem Treppchen landen drei Spieler:

  Name Punkte Wertungs-
schnitt
Buchhholz
1. Thomas Pähtz 6,5 2197 45,5
2. Stanislav Korotkjevitch 6,5 2196 49,5
3. Christian Seel 6,5 2176 47,5

(vollständige Tabelle beim Ausrichter)

Allein die Tatsache, daß die beiden Erstplatzierten gegeneinander gespielt haben, wirkt sich auf den gegnerischen TWZ-Durchschnitt massiv aus. Die starke Elozahl von Korotkjevitch (2316) erhöht den Gegnerschnitt von Pähtz um 15 Punkte. Umgekehrt erhöht sich der Gegnerschnitt Korotkjevitchs durch die Zahl von Pähtz (2215) nur um knapp 3 Punkte. Der direkte Vergleich endete zwar remis, kostete aber Korotkjevitch den Titel. Dass er die beste Buchholzwertung des Turniers erzielte, da er gegen alle Topplatzierten antrat, scheint nebensächlich. Übrigens: auch der Bronze-Gewinner Christian Seel besitzt bei gleicher Punktzahl eine bessere Buchholzwertung als der neue Meister.

Beispiel 2, U14m:
Der Vizemeister Atila Figura erreichte zwar eine bessere Buchholzzahl als der punktgleiche Turniersieger Jens Koller, doch sein Gegnerschnitt lag 8 Punkte niedriger. Figura wurde im direkten Vergleich für seine 100 Punkte höhere DWZ bestraft. Koller, der natürlich ebenfalls ein enorm starkes Turnier gespielt hat, profitierte in der Schlußrunde vom Losglück. Sein Gegner hatte zwar nur DWZ 1808, wurde aber mit seiner Elozahl 2210 gewertet. Das hob den Gegnerschnitt um satte 40 Punkte.

Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele. Beispiel 3, U18w:
In der U18w hat die Gewinnerin Irena Fliter einen Gegnerschnitt, der 100 Punkte über dem der punktgleichen Elisabeth Schlosberg liegt und 4,5 Buchholzpunkte mehr. Trotz einer Niederlage im direkten Vergleich ist ihre Leistung im Turnier höher zu bewerten.

Beispiel 4, U16m:
Auch bei der U16 ermittelt die Wertungszahlenregelung einen dem Turnierverlauf nach verdienten Sieger. Hannes Rau hat die bessere Buchholzzahl und den besseren TWZ-Schnitt und wird Meister.
Läge man den DWZ-Schnitt zugrunde, so hätte allerdings Volker Seifert vorne gelegen. Beide Thronanwärter hatten sechs gleiche Gegner, doch Rau durfte gegen einen Spieler mit DWZ 1841 und einer in diesem Frühjahr erspielten Elo von 2076 antreten. Verhilft hier eine einzelne Eloleistung der "Gerechtigkeit" zum Sieg?

Wer möchte, darf auf den Ausrichterseiten die Tabellen nach weiteren Beispielen durchforsten.


Bericht vom 7.Juni

Schwer zu sagen: Loben müssen wir die Ergebnisse herausragender Kiddies - doch bekommt es ihnen überhaupt, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen? Und öffentliche Kritik? Achtjährige Grundschüler schelten, die fern von zu Hause, vermutlich ohne Eltern, allein unter Hunderten von fremden Menschen, bei ungewohnter Kost nicht die gewohnte Form finden - wohl kaum. Verloren oder gewonnen, konzentrieren wir uns auf das Wichtigste: Kids habt Fun (ok, schadet nichts, wenn ihr was dazu lernt).

Die Voraussetzungen dazu passen. Im Sauerlandstern leben alle unter einem Dach. Spielsäle, Zimmer und Essen sind top. Analyseräume mit Brettern gibt es an jeder Ecke. Trotz macher Doppelrunde - das Freizeitteam sorgt mit Fußballspielen, Wanderungen, Malaktionen und vielem mehr dafür, daß nicht immer schwarz-weiße Felder die Köpfe regieren. Squashanlagen und Tennisplätze halten auch die Muskeln auf Trab. Fliegende gebratene Hähnchen in den Fluren sind Fehlanzeige - sonst fehlt wohl kaum was am Paradies.

Und was dann noch war: Sebastian Bogner macht 7/7 in der U10. In der U12 führt mit Yevheniya Shmirina 6,5/7 ein Mädchen die Jungens an. Martin Becker und Stephen Raach in Führung mit 5/6 in der U14. Ihre Kolleginnen in der weiblichen U14 bringen es ebenso auf 5/6: Maria Schöne und Sandra Krege liegen hier knapp vor Annett Hofmann.

In der stark besetzten U16 ist noch alles offen. Ilja Zaragatski und Volker Seifert trennten sich gestern remis und führen denkbar knapp mit 4,5/6 vor einem Fünferfeld mit bekannten Namen wie Hannes Rau, Jörg Wegerle, Moritz Koch, Hendrik Schaffer und Alexander Gasthofer (alle 4). Anne Czäczine führt in der weiblichen U16 (5/6) vor Sonja Häcker, Dorothea Schuler, Steffi Janotta und Franziska Fey (4,5).

Die U18 wird von David Baramidze, Stanislav Korotkjevitch und Christian Seel (4,5/6) angeführt. Auch hier ist alles offen: ein Viererfeld mit Manuel Feige, Sebastian Lutz, Thomas Pähtz und Leonie Helm (4) liegt auf der Lauer. Letztere hätte in der weiblichen U18 sicherlich auch ein Wörtchen mit geredet. So führt Carolin Umpfenbach mit 5/6 vor Elisabeth Schlosberg. (4,5).
HSJ.